Das Gorgonien-Lexikon ist eine deutschsprachige Datenbank über mein Interessensgebiet den Gorgonien, einem Teilgebiet der Meerwasseraquaristik. Dieses Lexikon wurde geschaffen, um zusätzliche Haltungshinweise - auch multimedial - den vielen Gorgonien zuzuordnen. Schon jetzt erhebt dieses Lexikon den Anspruch bei ausgesuchten Gorgonien Arten das umfassendste deutsche zentrale Nachschlagewerk zu sein. Das Lexikon ist aber auch ein Portal für alle Meerwasseraquarianer im Allgemeinen. Ich wünsche euch eine informative Zeit. Have a good time. Keine Navigation zu sehen, einfach oben auf das Banner klicken. |
Tridacnidae - Ein Mythos im Meer © Text und Bilder von Johannes Berns - Aquarium und Meer
Viele Mythen und Geschichten begleiten die Riesenmuscheln der Gattung Tridacnidae. Mördermuschel und Killermuschel werden sie oft genannt - völlig zu Unrecht. Immer noch kursieren Geschichten von angeblichen Taucherunfällen, bei denen Riesenmuscheln Menschen mit ihren mächtigen Schalen ergriffen und festgehalten haben sollen. Tatsächlich ist jedoch kein einziger authentischer Fall bekannt, bei dem ein Mensch von einer Riesenmuschel gefangen oder getötet wurde. Die einzige Gefahr, die von den Muscheln für Mensch und Tier ausgeht, ist die, versehentlich zwischen die Schalen zu greifen und somit den Schließreflex der Muscheln auszulösen. Unterstützt wird der Glaube an die Geschichten über die angeblich gefährlichen Riesenmuscheln nicht von realen Erlebnissen, sondern meist durch Unkenntnis der Entstehungsgeschichte und der Lebensweise dieser wunderschönen Tiere. Die Riesenmuscheln der Familie Tridacnidae fanden in der Vergangenheit auch außerhalb der Tierforschung oder der aquaristischen Themengebiete reichliche Beachtung. Seit dem Mittelalter werden in Kirchen der Natur entnommene Schalen der Riesenmuscheln als Weihwasser- und Taufbecken genutzt, in der indiopazifischen Region wurden und werden aus den dicken Schalen der Tiere Werkzeuge und Figuren für Zeremonien hergestellt. Auf den Salomon – Inseln wurden die Schalen geschnitten und als eine Art Zahlungsmittel genutzt, sie waren Symbol für den Wohlstand eines Stammes. Die Perlen von Tridacnidaemuscheln waren auf Grund Ihrer Größe oft Gegenstand materieller und ritueller Nachstellungen – eine der größten bekannten Perlen erreichte ein Gewicht von sieben Kilogramm und einen Durchmesser von 23 Zentimeter und wurde unter dem Namen „Allahs Perle“ weltbekannt. Alle diese Umstände – gepaart mit dem oft riesigen Wachstum und der gleichzeitig fast unwirklich schönen Erscheinung – nährten lange Zeit das falsche Bild der Riesenmuscheln.
Etwa 30 cm großes Tier - Aquarienaufnahme
Abstammung und Entstehung Auf Basis von Fossilienfunden stellt sich die Entstehungsgeschichte der Riesenmuscheln nach heutiger Sicht wie folgt dar:
Vor über 600 Millionen Jahren (Präkambrium) entwickelten sich aus einem primitiven „Urweichtier“ die ersten Mollusken. Damals wie heute war fast allen Mollusken ein schalenförmiger Körperschutz gemeinsam wie z.b. bei den späteren Schnecken und Muscheln. Nur in der evolutionsgeschichtlich sehr jungen Familie der Cephalopoden (Kopffüßer) haben viele Arten (Tintenfische) die Schutzschale zu einer im Körperinneren sitzenden kalkhaltigen Substanz (Schulp) oder in horniger Form (Schnabel des Tintenfisches) umgewandelt.
Riesenmuscheln – eine ganz besondere Spezies
Gut zu sehen ist die unterschiedliche Färbung der Mantelzonen - Aquarienaufnahme
Fragen und Antworten Alle Muscheln leben von dem, was sie aus dem Wasser herausfiltern, wie kann ein so großes Tier in den extrem nährstoffarmen Gewässern der Korallenriffe überleben, wovon befriedigt es seinen großen Nahrungsbedarf? Woher rührt die enorme Leuchtkraft des Mantels und welchen Sinn hat sie. Wie vermehren sich Riesenmuscheln? Die Erforschung der Tiere führte zu überraschenden Antworten: Das riesige Weichtier überlebt in den nährstoffarmen Riffgewässern mit Hilfe einer Symbiose, die es mit Zooxanthellen (einzellige Algen) eingeht. Die Riesenmuscheln beginnen bereits im Larvenstadium damit, Algen (Zooxanthellen) in ihrem Mantelsaum zu kultivieren. Bereits ab der dritten Lebenswoche gestalten die Larven ihren Körper entsprechend der Bedürfnisse der zu kultivierenden Algen um. Das Schalenscharnier, das zunächst wie bei allen anderen Muscheln oben liegt, wandert nach unten, die Atemrohre wandern nach oben und vergrößern sich um ein Vielfaches zum Mantellappen. Durch die Entwicklung eines speziellen Kanalsystems, das den gesamten Mantellappen durchzieht, wird Siedlungsraum für größte Mengen Zooxanthellen geschaffen. Die Muscheln schaffen also möglichst optimale Bedingungen für die für ihr Überleben so wichtigen Algen. Während die jungen Muschellarven sich noch überwiegend von feinstem Plankton und gelösten Futterstoffen ernähren, die sie aus dem Wasser filtern, ernähren sich die Muscheln später fast ausschließlich von den Photosyntheseprodukten der Algen. befindlichen Zooxanthellen dem Sonnenlicht entgegen, damit die Photosynthese der Algen funktioniert und sie sich von den Photosynthese Produkten ernähren können. Im Gegenzug erhalten die Algen sowohl Stoffwechselprodukte der Riesenmuscheln als auch Schutz und perfekte Lichtverhältnisse. Die „Versorgung“ mit perfekten Lichtverhältnissen beantwortet auch die Frage nach der enormen Leuchtkraft des Mantel. Sie beruht auf Iridozyten, winzigen Linsen aus organischem Material, mit deren Hilfe die Muschel das richtige Lichtmaß für den optimalen Photosyntheseprozess der Algen einstellt. Ein Nebeneffekt ist, das diese Linsen einen Teil des eingefangenen Lichtes nach außen reflektieren und somit die Leuchtkraft des Mantels bewirken.
Voll blau durchfärbter Mantel Das Wachstum der Riesenmuscheln ist unmittelbar von der funktionierenden Ernährung durch die Zooxanthellen abhängig. Entsprechend der unterschiedlichen Versorgung gestaltet sich das Größenwachstum der Tiere sehr unterschiedlich. Auf Phasen des Wachsens folgen Phasen der Pause. Klimatische und ernährungsbedingte Engpässe spiegeln sich in langsamerem oder stagnierendem Schalenwuchs wider, der sich in engeren oder unregelmäßigen Wachstumslinien auf der Schale zeigt.
ca. 15 Jahre altes Tier - Aquarienaufnahme Die Frage bezüglich der Fortpflanzung der Riesenmuscheln konnte durch Naturbeobachtungenschnell geklärt werden:
Gesteuert durch den Mondzyklus, aber auch angeregt durch sich verschlechternde Wasserparameter, stoßen die Tridacnidae entweder Eier oder Spermatozoen ins Wasser aus. Die Befruchtung erfolgt im freien Wasser, wo Eier und Spermatozoen der gleichen Art sich treffen. Die Arterhaltung wird durch die sehr große Anzahl der ausgestoßenen Eier bzw. Spermatozoen gesichert: bei einem erwachsenen Tier sind es jedes Mal Hunderte von Millionen. Diese Beobachtungen haben sich kommerzielle Muschelfarmen zu Nutze gemacht, sie produzieren mittlerweile große Mengen von Nachzuchten. Ein großer Teil von Ihnen gelangt in die Verkaufsaquarien der Zoohändler, ein noch größerer Teil dient – insbesondere im asiatischen Raum – dem Verzehr.
Versteckt im Korallengeäst
Fast alle kleiner bleibenden Arten der Tridacnidae können speziell im Riffaquarium gut und lange gehalten werden. Vorraussetzung ist der Erwerb von gesunden, nicht zu kleinen Tieren. Vor dem Kauf sollte eine eingehende Begutachtung des Tieres erfolgen.
Übrigens – Riesenmuscheln können in der Natur bis zu 100 Jahre alt werden - im Aquarium werden wir das wahrscheinlich nicht schaffen, aber 20 Jahre sind keine Seltenheit.
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